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Warum sehe ich ehrenamtliche Nachhilfe als vorrangiges Engagement an?


Ich sehe Nachhilfe als Mittel, um Schüler/innen, die Schwierigkeiten haben oder ihr Selbstvertrauen verloren haben, neues Selbstvertrauen zu geben. Obwohl die Schulsysteme auf Wettbewerbswerten beruhen, sehe ich den Schulerfolg nicht als Leistungsprinzip, sondern als das beste Instrument zur Emanzipation der Bürger/innen.

Mir geht es darum, den Schulabbruch von Schüler-innen zu bekämpfen, die sich im Vergleich zu anderen, vermeintlich überlegenen sozialen Gruppen überfordert oder ausgeschlossen fühlen könnten. Ich setze mich für die Bewusstmachung der intellektuellen Fähigkeiten jedes Einzelnen ein. Wenn es gelingt, allen Schüler/innen ein Mindestmaß an Selbstvertrauen zu vermitteln, können alle die Grundkenntnisse beherrschen und auf natürliche Weise die Lust am Lernen wecken, und diese Neugier wird sie mit Sicherheit ihr ganzes Leben lang begleiten. Mir scheint, dass die Anziehung oder Abneigung, die wir gegenüber den verschiedenen Wissensarten empfinden, in erster Linie durch die positiven oder negativen Erfahrungen in unserem Schulleben begründet und verfestigt wird. Nun gibt es aber niemals eine Fatalität für Schulversagen oder Desinteresse.

Leider habe ich viel beobachtet, wie die Schule (zumindest in Frankreich) machtlos gegenüber der Ausgrenzung von als unangepasst eingestuften Bevölkerungsgruppen ist. Manche Randschüler/innen nähren ihre Unangepasstheit selbst, indem sie ihre vorausgesetzte Rolle ausdrücklich mit bösem Willen spielen (Provokationen, Drogensucht, Delinquenz), was ein Zeichen für eine offensichtliche persönliche Notlage ist. Der Schulabbruch spielt auch eine Rolle bei der Desillusionierung der Arbeiterklasse gegenüber dem Rest der Gesellschaft. Diese Marginalisierung, die durch (bewusste oder unbewusste) Arroganz seitens der gebildeteren Gesellschaftsschichten unterstützt wird, schürt oft Ressentiments oder Klassenfeindschaften, die nur schwer zu entkräften sind. In diesem Zusammenhang kann man sich nicht über den Rückzug von Gemeinschaften aller Art (soziale Klassen, politisierte Gruppen, Ethnien, Religionen) wundern.

Ich bin davon überzeugt, dass extremistische Auswüchse jeglicher Art (Fremdenfeindlichkeit, Gewalt) ihre Wurzeln in schmerzhaften Gefühlen der intellektuellen Unterwerfung haben, die bereits in der Kindheit induziert werden. Eine implizite Unterwerfung, die junge Menschen auch auf berufliche Wege führt, die unter einem abwertenden Blick leiden, der Eifersucht und Verunglimpfung hervorruft. Dabei ist eine Arbeit an sich nie entwürdigend, sondern nur die Bedingungen, unter denen sie ausgeübt wird, und für die man kämpfen muss. Um das Bewusstsein zu schärfen und diese Art von sozialem Fortschritt zu erreichen, muss man bereits in der Schule ansetzen und gegen die Resignation der Schüler/innen kämpfen, damit sie sich ihres Wertes und ihres Potenzials bewusst werden.

Der Anstieg der kommerziellen Nachhilfe ist ein Zeichen dafür, dass es der Schule allein nicht gelingt, allen Schüler/innen Selbstvertrauen zu vermitteln. Die Klassenfeindlichkeit und das Misstrauen werden nur noch größer, wenn diese Unterstützung ausschließlich Kindern aus finanziell wohlhabenden Familien zuteil wird oder aus Familien, die die Schulfächer so gut beherrschen, dass sie diese Hilfe selbst leisten können. Daher bin ich der Meinung, dass ehrenamtliche Nachhilfe für bescheidene Familien eine Priorität ist, um zu versuchen, die Dinge wieder ins Gleichgewicht zu bringen, mit dem Ziel, zur Selbstverwirklichung aller Kinder und zukünftigen Bürger/innen beizutragen.